
13 Dez Pantoffelheld mit der Lizenz zum Fremdgehen – Heimspieltag Nr. 7
„Nein, mein Schatz, das kommende Wochenende werden wir zusammen verbringen. Du, Mini-Me, bzw. Mini-You, bzw. Mini-Us und ich“. Meine Gattin, die sich seit über drei Monaten Kraft Gesetzes so nennen darf, strahlt übers ganze Gesicht. „Wirklich? Wir beide und unser Baby?“, fragt sie ungläubig und schaut mich dabei mit ihren großen braunen Augen an. „Ja, wirklich. Lass uns ein Familienwochenende machen!“, schiebe ich hinterher.
Meine Familienministerin weiß nicht, dass ich ein Taktiker bin. Genau wie Coach Verbeek bei jedem Spiel, muss auch ich eine Marschroute entwickeln, von der ich denke, dass sie mich am ehesten bzw. am erfolgreichsten ans Ziel bringt. Das Ziel meiner Bemühungen – ich korrigiere: meine Ambitionen –sind ganz klar: Zwei kommende Heimspiele in dieser Woche und das damit verbundene „All-Inclusive-Paket“. Darin enthalten: Frühzeitiges Treffen mit den blau-weißen Jungs, zu denen auch ein gewisser Moritz Fiege gehört, ausnahmslos immer mit bester Laune die Castroper hochschreiten, 90 Minuten den besten Verein der Welt unterstützen und irgendwann wieder wohlbehalten zu Hause ankommen. In welchem geistigen und körperlichen Zustand, ist an dieser Stelle unerheblich.
Meine Ex-Kugelige weiß, dass es eine „Andere“ gibt. Eine Nebenbuhlerin, der ich auch gerne ein wenig meiner Zeit schenken möchte und, ehrlich gesagt, auch schenken muss – zwecks Seelenfrieden. Sobald ich dies aber häufiger tue, wird die Holde daheim eifersüchtig und das war`s dann auch mit Yin und Yang. Seit unserem zweiten Date vor fünf Jahren weiß sie, auf was sie sich da einlässt – das Date fand schließlich in unserem Block B statt (Bierdusche beim Kennenlernen hätte mich in meinen Bemühungen nicht sehr weit nach vorne gebracht, hatte ich mir eingebildet). Ich wollte mich einfach nicht künftig immer hinter ihrem Rücken wegschleichen müssen wie ein gewisser „I am the New One“ früher, also hatte ich sie damals kurzerhand mit ins schönste Stadion der Welt genommen.
Was soll ich sagen? Sie kann meine Leidenschaft zwar nicht unbedingt teilen, aber sehr wohl akzeptieren, so wie auch ich einige „Gegebenheiten“ bei ihr akzeptiere, wie zum Beispiel Kohle für unnötige, teure und künstliche Fingernä- gel (die haben wir doch bei der Geburt umsonst gekriegt!) oder Wimpern-Verschönerungen (selbe Begründung, protokollhalber) zu verprassen. Angesichts der Tatsache, dass es aber mit einem zehn Wochen alten Baby @Home drunter und drüber geht (in etwa vergleichbar mit dem Ha-Ess-Fau), ist stundenlange Abwesenheit momentan nicht beziehungsfördernd. Da hilft auch nicht die Argumentation, dass wir uns revanchieren und die Roten Teufel jetzt erst Recht zurück in die Hölle schicken müssen, da sie das garantiert nicht verstehen wird. Eher wird sie darauf entgegnen, dass ich meinen Glauben ja sonst auch nicht sonderlich ernst nehme und nun auch nicht dafür mit Aberglauben anzufangen bräuchte. Frauen können so logisch sein, wenn sie müssen…
Daher musste sich der erwartungsvoll die Stunden bis zur nächsten Pressekonferenz zählende Jung-Autor etwas einfallen lassen, und das Ergebnis des intensiven Denkprozesses war, mir im Vorfeld Pluspunkte zu erarbeiten, um diese dann in der folgenden und richtungsentscheidenden Woche einzulösen – quasi Payback für unterdrückte Familienväter. Nur mit dem Unterschied, dass ich das Punktesammeln unseren unten auf dem Rasen stehenden elf Kickern überlasse, die bei der Mitgliederversammlung zu Recht mit langem Applaus verabschiedet wurden, was wirklich Gänsehaut bei mir auslöste. Das passierte mir zuletzt bei der „Wer wohnt schon in Düsseldooorf“-Zeile von unserem Herbie im Heimspiel gegen die Fortuna vor einigen Wochen.
Apropos: Unabhängig davon, wann wir die Zehn-Mille-Mitglieder-Marke knacken und er dann für uns vor der Ost live singen wird, wovon ich fest ausgehe, bin ich nach unserer Jahreshauptversammlung mit einem guten Gefühl nach Hause gefahren. Beim Rausgehen sagte ein Bochumer Jung hinter mir zum anderen, dass er sich nicht erinnern könne, wann es zuletzt so eine harmonische JHV gab. Der Grund: Jeder im Verein macht erfolgreich seine Arbeit, vom Chefkoch bis Chefcoach und Platzwart bis zum Praktikanten – was sich nicht nur in den Tabellen, sondern nunmehr auch an den Zahlen ablesen lässt. Gut, das Bier könnte weiterhin schneller gezapft werden und auf die „Feuerleger“ von außen haben wir nur bedingt Einfluss, aber die gehören ja nicht zu unserer Fau-Eff-Ell-Familie, weder offiziell noch inoffiziell.
Angesichts der wirklich schmerzhaften Heimniederlage gegen den Retorten-Club und der hinterher entstandenen Stimmungsdiskussion im WWW, müssen wir Fans nun mehr denn je die Werte vorleben, die für Familie stehen: Ausnahmsloser Zusammenhalt und Unterstützung untereinander, trotz Meinungsverschiedenheiten, die es in einer großen Familie immer geben wird. Daher lasst uns unsere Jungs im 500.000-Euro-Plus-Pokalspiel nebst anschlie- ßendem Freitagabend-Kick gegen Pauli lautstark supporten und anfeuern. Ich werde übrigens auch vor Ort sein. Das ganze letzte Wochenende habe ich Pantoffelheld gespielt, aber was macht man nicht alles für seine zweite große Liebe, oder!? Glück Auf! [/read]
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