Es gibt schlimmeres – Heimspieltag Nr. 8

Es gibt schlimmeres – Heimspieltag Nr. 8

Den letzten Auftritt unserer Mannschaft in Karlsruhe konnte ich leider ausnahmsweise nicht live am Fernseher verfolgen, da ich für (m)eine Lesung in Hagen ran musste. Natürlich zeichnete ich aber die Partie auf und hatte die Absicht, mir sie am nächsten Tag in Ruhe auffe Couch reinzuziehen.

Pünktlich zum Anstoß in Ruhekarl, sorry: Karlsruhe, fragte der Moderator mich hinter den Kulissen angesichts des unübersehbaren VfL-Emblems auf meiner Jacke grinsend, ob ich etwa heute mit drei Punkten rechne. Ich erklärte ihm darauf sehr bildhaft und eindringlich, welch tragische körperlichen Folgen ein weiteres Herumreiten auf dieser Frage für ihn haben könnte und es stellte sich schnell heraus, dass er dann doch sehr an seiner Unversehrtheit hing.

Als ich dann etwas später die Bühne betrat, musste ich leider feststellen, dass er sich – wahrscheinlich wegen des nun anwesenden Publikums – nun wieder mutiger fühlte, weil er mich tatsächlich nach dem Zwischenstand in Karlsruhe fragte, obwohl er ihn schon kannte. Nach dem 0-2 hatte ich mein Handy tatsächlich ausgemacht und auch alle ankommenden Nachrichten meiner blau-weißen Freunde ignoriert. Auf seine Frage kriegte er auf der Bühne natürlich keine Antwort von mir, es hätte sonst ein juristisches Nachspiel gegeben. Erst am nächsten Tag las ich das Endergebnis und löschte anschließend die Aufnahme des Spiels, ohne eine einzige Sekunde davon gesehen zu haben. Das, was mir meine Freunde am Abend zuvor geschrieben hatten, hatte mir schon gereicht.

Das einzig Erfreuliche an diesem Bundesligawochenende war die Tatsache, dass uns mit 1859+1 in der nächsten Pokalrunde ein Gegner erwartet, der schlagbar ist. Leider wird es nicht, wie erhofft, ein Heimspiel, doch die Unterstützung unserer Freunde von der Säbener Straße und bereits erste ausverkaufte Bochum-Fanblöcke lassen hoffen.

Unser Sport weckt Emotionen und genau deshalb lieben wir ihn so sehr. Gerade mit unserem Fau-Eff-Ell haben wir viel erlebt: von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt, von absoluter Euphorie bis zur totalen Resignation. Aber all das hat die Liebe zu unserem Verein nur stärker gemacht, die von Generation zu Generation als Leidenschaft weitervererbt wird.

Am Wochenende des 13. November mussten wir leider angesichts der Tragödie in Paris auf schlimmste Weise erfahren, dass es wichtigere Dinge als Fußball gibt. Gerade auch die Bilder aus dem Stade de France wirkten sehr verstörend.

Väter mit weinenden Kindern suchten nach Spielende Schutz auf dem Spielfeld und trösteten sie, während Tränen auf ihren kleinen Wangen, gefärbt mit den Farben ihrer Nationalmannschaft herunterkullerten. Ein Symbol für das, was da draußen Schreckliches vor sich ging.

Sport, insbesondere der Fußball, macht keine Unterschiede bei Herkunft und Kultur, sondern er vereint Menschen. So muss es auch sein und spätestens seit dem WM-Sommermärchen 2006 wissen wir, dass es wirklich klappen kann.

Wenn also unsere Mannschaft wochenlang von der Tabellenspitze grüßt, dann empfinde ich Freude, Glückseligkeit und auch ein wenig Stolz. Und wenn die Mannschaft mal wieder in einer Phase steckt, wo einfach nichts klappen will, geht die Fahrt auf der Achterbahn der Gefühle wieder rapide nach unten. Das gehört eben dazu. Doch das letzte Wochenende hat einmal mehr gezeigt, dass es manchmal wichtigere Dinge als den Fußball gibt.

Dennoch versuchen wir alle, das Beste für unseren Verein zu geben. Vom Praktikanten der Geschäftsstelle bis hin zum Fan, den auch sein Rollstuhl von keinem einzigen Heimspiel fern hält. Wir alle sind aber nicht immer perfekt und das gilt auch für unsere Elf auf dem Platz. Feuern wir sie heute also trotz allem lautstark an, muntern sie nach Fehlern auf und unterstützen sie in ihrem Bestreben, uns Fans nach 90 Minuten glücklich nach Hause oder in das Bermuda3eck zu entlassen. Und falls es – aus welchen Gründen auch immer – wieder nicht klappen sollte: Es gibt Schlimmeres. Und eine Woche später schon neue 90 Minuten. Glück Auf! [/read]

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